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Mindestunterhalt für Kinder - TIETMANN | WINTER
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Mindestunterhalt für Kinder

Mindestunterhalt für Kinder

Minderjährige Kinder

Besonders wichtig und schützenswert sind die Interessen der minderjährigen Kinder. Im Unterhaltsrecht hat der Gesetzgeber den Vorrang minderjähriger Kinder geregelt, indem er den Mindestunterhalt für Kinder festgelegt hat, d.h. einen Unterhalt,  auf den minderjährige Kinder nach § 1612a Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit der Mindestunterhaltsverordnung Anspruch haben.

Der Mindestunterhalt für Kinder geht ebenfalls aus der untersten Tabellengruppe der Düsseldorfer Tabelle hervor, die für die Berechnung des Kindesunterhalts maßgeblich ist.

Der Pflichtige muss für minderjährige Kinder jedoch nicht den Mindestkindesunterhalt, sondern regelmäßig nur den Zahlbetrag gem. der Düsseldorfer Tabelle leisten.

Privilegierte volljährige Kinder haben ebenfalls Anspruch auf Mindestunterhalt, da diese den minderjährigen Kindern gleichgestellt sind. Privilegiert sind volljährige Kinder, die unverheiratet sind, bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.

Der Pflichtige kann den Mindestunterhalt für Kinder nicht zahlen, wenn er nicht leistungsfähig ist. Bei der Frage der Leistungsfähigkeit ist der unantastbare notwendige Eigenbedarf des Pflichtigen zu berücksichtigen.

Zur Sicherung des Mindestunterhalts hat der Pflichtige eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er muss bei fehlender Leistungsfähigkeit alles in seinen Kräften stehende unternehmen, um den Mindestunterhalt für Kinder zahlen zu können.

Der Mindestkindesunterhalt entsprechend der untersten Tabellengruppe der Düsseldorfer Tabelle beträgt im Jahr 2022:

  • Kinder von 0 bis 5 Jahren: 396 EUR
  • Kinder von 6 bis 11 Jahren: 455 EUR
  • Kinder von 12 bis 17 Jahren: 533 EUR

Die Düsseldorfer Tabelle, die für zwei Unterhaltsberechtigte ausgelegt ist, enthält im Jahr 2022 15 Einkommensgruppen (s. News) sowie drei Altersgruppen für minderjährige Kinder und eine Altersgruppe für volljährige Kinder.

In der Düsseldorfer Tabelle ist das Kindergeld allerdings nicht berücksichtigt. Dieses wird in der Regel an denjenigen Elternteil gezahlt, bei dem das Kind lebt. Der barunterhaltspflichtige Elternteil hat Anspruch auf das hälftige Kindergeld, so dass der vorgenannte Tabellenunterhalt jeweils um das halbe Kindergeld gekürzt werden darf, wenn der andere Elternteil das Kindergeld erhält. Das Kindergeld beläuft sich monatlich auf:

  • 219 EUR für das erste und zweite Kind
  • 225 EUR für das dritte Kind
  • 250 EUR für das vierte und jedes weitere Kind

Das hat folgende monatliche Zahlbeträge des Barunterhaltspflichtigen für den Mindestkindesunterhalt 2022 zur Folge, wobei der Zahlbetrag das ist, was der Pflichtige tatsächlich zahlen muss:

  • Kinder bis 5 Jahre ( erste Altersgruppe)

für das 1. und 2. Kind jeweils            286,5 EUR
für das 3. Kind:                                  283,5 EUR
für das 4. und jedes weitere Kind:     271 EUR

  • Kinder von 6-11 Jahren (zweite Altersgruppe)

für das 1. und 2.  Kind jeweils           345,5 EUR
für das 3. Kind                                    342,5 EUR
für das 4- und jedes weitere Kind      330 EUR

  • Kinder von 12-18 Jahren (dritte Altersgruppe):

für das 1. und 2. Kind jeweils            423,5 EUR
für das 3. Kind Kind                           420,5 EUR
für das 4. und jedes weitere Kind      408 EUR

Vorstehend Zahlbeträge sind im Einzelnen im „Anhang: Tabelle Zahlbeträge ab 1. Juli 2022“ zur Düsseldorfer Tabelle dargestellt.

Priviliegiert volljährige Kinder

Auch privilegiert volljährige Kinder haben Anspruch auf den Mindestunterhalt. Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Damit haben also nicht nur minderjährige unverheiratete Kinder, sondern auch privilegierte volljährige Kinder Anspruch auf Mindestunterhalt.

Die Höhe dieses Mindestunterhalts ergibt sich aus der untersten Tabellengruppe der Düsseldorfer Tabelle. Auch hier ist aber das Kindergeld zu berücksichtigen, das nun nicht mehr an das betreuende Elternteil, sondern an das volljährige Kind ausgezahlt wird. Das Kindergeld mindert daher in voller Höhe den Bedarf des Volljährigen, so dass sich in dieser Höhe sein Anspruch auf Mindestkindesunterhalt verringert. Der Zahlbetrag für das privilegierte volljährige Kind ergibt sich ebenfalls aus dem Anhang: Tabelle Zahlbeträge“ zur Düsseldorfer Tabelle.

Selbstbehalt Unterhaltspflichtiger

Auch wenn der Barunterhaltspflichtige den Mindestunterhalt für die minderjährigen und diesen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kinder grundsätzlich zu zahlen hat, muss ihm doch so viel verbleiben, dass seine Existenz gesichert ist bzw. er nicht selbst nach Unterhaltszahlung bedürftig wird. Dem Unterhaltspflichtigen steht zur Abdeckung seines Existenzminimums gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern der notwendige Eigenbedarf zu. Dieser ist unantastbar und gegenüber den Unterhaltsverpflichtungen vorrangig. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) beträgt gemäß Anmerkung 5. der Düsseldorfer Tabelle monatlich:

  • bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen             160,00 €;
  • bei nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 960,00 €

Gesteigerte Erwerbsobliegenheit

Ist der Unterhaltspflichtige mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig, muss er gleichwohl alles in seinen Kräften Stehende unternehmen, um den Mindestkindesunterhalt sicherzustellen. Ihn trifft insoweit eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit (gesteigerte Erwerbspflicht, gesteigerte Unterhaltspflicht, gesteigerte Leistungsfähigkeit).

Dies bedeutete, dass der Unterhaltspflichtige zusätzliche Anstrengungen unternehmen muss, um den Mindestunterhalt für sein/e unterhaltsberechtigte/s/n Kinder zahlen zu können. Diese Verpflichtung besteht solange, bis der Mindestkindesunterhalt gezahlt werden kann. Ist dies der Fall, entfällt die gesteigerte Erwerbsobliegenheit.

Konkret hat die gesteigerte Erwerbsobliegenheit für den Unterhaltspflichtige zur Folge, dass er zur Abdeckung des Mindestunterhalts

  • seine Arbeitsstelle aufgeben und einen höher vergütete Beschäftigung wahrnehmen muss;
  • auch in einem anderen als seinem Lehrberuf oder dem, in dem er unselbständig oder selbständig tätig ist, eine zusätzliche Nebentätigkeit wie etwa einen Minijob auszuüben hat. Als Obergrenze sind die Grenzen der Arbeitsschutzgesetze zu wahren. Eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden (6 Werktage x 8 Stunden) dürfen in der Regel nicht überschritten werden)
  • seine bisherige Arbeitsstelle behalten und seine Lebensplanung ändern muss, falls er eine schlechter vergütete selbstständige Tätigkeit aufnehmen, in einer neuen Beziehung nur noch den Haushalt führen, auswandern oder einen längeren unbezahlten Aufenthalt im Ausland möchte.

Kein Mindestunterhalt wegen Schulden oder berufsbedingten Fahrtkosten?

Der Einwand des Unterhaltspflichtigen, er könne den Mindestunterhalt für Kinder aufgrund vorhandener Schulden oder seiner Fahrtkosten zur Arbeit nicht zahlen, greift nicht ohne weiteres. Aufgrund seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit ist der Unterhaltspflichtige vielmehr dazu angehalten, geringere monatliche Kreditraten zu beantragen, auch wenn der Kredit dadurch insgesamt teurer wird.

Monatliche Darlehensraten bis 100 EUR bleiben selbst dann unberücksichtigt, wenn der notwendige Eigenbedarf dadurch angetastet wird.

Zumutbare Verbraucherinsolvenz

Kann der Unterhaltspflichtige aufgrund nachgewiesener Gehaltspfändungen keinen Unterhalt zahlen, muss er regelmäßig den Weg der Verbraucher-Insolvenz beschreiten, um eine Vorrangigkeit der Unterhaltsforderung gegenüber den anderen Forderungen zu erreichen.

Die Strecken von und zur Arbeitsstelle hat der Pflichtige mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen, wenn das billiger als die Fahrten mit dem eigenen Pkw ist, auch wenn die Fahrtzeiten dadurch länger werden.

Insoweit kann sich bei einem teuren Pkw auch die Frage stellen, ob dieser verkauft und der Erlös zur Zahlung des Mindestunterhalts verwendet werden muss. Grundsätzlich ist nämlich auch vorhandenes Vermögen zur Mindestunterhaltssicherung einzusetzen.

Fiktives Einkommen

Kommt der Unterhaltspflichtige seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit schuldhaft nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er das ihm mögliche Einkommen erzielen würde.

Ihm wird fiktives Einkommen zugerechnet.

Das gilt erst recht, wenn der Pflichtige mutwillig seine Arbeitsstelle aufgibt. Damit wird dem Pflichtigen ein fiktives Einkommen unterstellt, welches das Familiengericht ihm in einem Unterhaltsrechtsstreit anrechnet.

Eigenes Vermögen des Kindes und „anderer unterhaltspflichtiger Verwandter“

Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit entfällt nicht nur bei Zahlung des Mindestunterhalts, sondern auch dann, wenn das Kind den Unterhalt aus seinem Vermögen bestreiten kann oder ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Speziell der Fall, dass ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter existiert, kann in der Praxis von Bedeutung sein. Denn als „unterhaltspflichtiger Verwandte“ kommt auch der andere Elternteil in Betracht, bei dem das minderjährige oder privilegierte volljährige Kind lebt.

Beim minderjährigen Kind besteht jedenfalls eine Verpflichtung zur Zahlung des Barunterhalts auch durch den betreuenden Elternteil, wenn dieser

  • trotz der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt finanzieren kann,
  • und dabei den eigenen angemessenen Selbstbehalt nicht gefährdet und
  • er das Dreifache des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils verdient.

Können weder der barunterhaltspflichtige noch der betreuende Elternteil den Mindestunterhalt zahlen, hat der betreuende Elternteil die Möglichkeit, für Kinder bis 18 Jahre beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) zu erhalten. Er kann auch dann beantragt werden, wenn der Pflichtige trotz Leistungsfähigkeit die Zahlung des Mindestkindesunterhalt verweigert.

Unser Tipp: Wir raten dringend an, Leistungen nach dem UVG immer zu beantragen, sobald der nicht betreuende Elternteil nicht freiwillig Unterhalt für das Kind zahlt, da eine familiengerichtliche Durchsetzung des Barunterhalts einerseits länger dauern kann, andererseits oftmals nicht klar ist, ob mit Erfolg Barunterhalt für das Kind gegen den nicht betreuenden Elternteil realisiert werden kann.